Biokompatibles 3D-Zellkultursystem für schonende und effiziente Kultivierung & Freisetzung von Zellen
Kurzfassung
Das einfach reproduzierbare und kostengünstige 3D-Zellgerüst, dessen makroporöse Struktur aus Formgedächtnismaterial besteht, erlaubt die Aufnahme und Freisetzung von Zellen schonender als herkömmliche Verfahren durch rein mechanische Einwirkung auf dieses stabile und gleichzeitig schwammartige Material.
Hintergrund
Standardmäßig werden zweidimensionale (2D) Zellträger als Zellkulturplastik zur Kultivierung eukaryotischer Zellen verwendet. Diese ähneln in ihrer Architektur und Zusammensetzung kaum den Geweben in-vivo, was sowohl Einfluss auf die natürliche Entwicklung der Zellen, wie auch deren Funktion haben kann. Bekannte 3D-Gerüststrukturen bestehen häufig aus natürlichen oder synthetischen Polymeren, welche die natürliche Umgebung von Zellen in Gewebe nachahmen.
Problemstellung
Unbefriedigend ist hier oft die unvollkommene Besiedlung der 3D-Gerüststrukturen mit Zellen, so dass zum Einbringen der Zellen in die Strukturen auf relativ aufwändige Methoden wie Zentrifugation oder Pumpsysteme zurückgegriffen werden muss. Der hierbei auftretende Scherstress kann im ungünstigsten Fall die Viabilität der Zellen beeinträchtigen, ist aber stets in der Lage, das Differenzierungsverhalten von Zellen zu beeinflussen. Daher überstehen insbesondere empfindliche Zellen diese Art der Besiedlung von 3D-Zellkultursystemen nicht unbeschadet.
Lösung
Im Rahmen eines Projektes der Baden-Württemberg-Stiftung ist es jetzt Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Ulm gelungen, ein einfach reproduzierbares und kostengünstiges 3D-Zell-Modell zu entwickeln, dessen makroporöse Gerüststruktur aus kationisiertem Rinderserumalbumin (cBSA) gebildet wird. Diese elastische, in ihrer Porengröße und ihrem Wassergehalt variable Gerüststruktur weist eine ausreichende Steifigkeit auf um frei stehen zu können und ist gleichzeitig so flexibel, dass sie wie ein Schwamm, nach einer Verformung ihre ursprüngliche Form wieder annehmen kann (Shape-Memory-Effekt). Dieser Effekt erlaubt es die Zellaufnahme schonend zu gestalten, indem das 3D Gerüst komprimiert (zusammengedrückt) wird und die Zellen, die sich in einem flüssigen Medium befinden, einfach aufgesaugt werden (Dekompression des Gerüstes).
Die Zellen können genauso einfach nach der Kultur wieder aus der Struktur isoliert werden, indem die Gerüststruktur mit einer geeigneten Lösung durchspült und ausgedrückt wird.
Vorteile
- Effiziente, schonende Besiedlung und Isolation der Zellen oder Zellbestandteile
- Einfache, kostengünstige Herstellung der 3D Gerüststruktur
- Biomimetische Nachahmung der extrazellulären Matrix
- Zell-Zell-Interaktion in umgrenzten Räumen
- Hohe Stabilität während der Inkubation
- Architektur und Materialeigenschaften anpassbar
Anwendungsbereiche
Dreidimensionale (3D) Zellkultursysteme rücken immer mehr in den Fokus der Wissenschaftler und sind heutzutage für den Einsatz in der Forschung, der regenerativen Medizin und Arzneimitteltestung unabdingbar. Mit dem hier vorgestellten makroporösen 3D-Zellkultursystem auf Basis kationisierter Proteine ist es möglich Zellen unter in-vivo ähnlichen Bedingungen zu kultivieren und schonend, nur mittels mechanischer Kräfte, in das Gerüstsystem einzuschließen und auch wieder freizusetzen.
- 3D-Zellkultur unter in-vivo-ähnlichen Bedingungen
- Medikamententestung
- Forschung und Entwicklung (Pharma und Kosmetik)